15. Oktober 2016
Scala, Leverkusen-Opladen
Als in Opladen geborener Schöngeist hätte ich natürlich wissen sollen, dass man Ortsfremde nicht gleich mit den Schattenseiten seiner Heimatstadt konfrontiert. Ich habe mir aber nichts dabei gedacht, als ich das Auto in der Gerichtsstraße parkte und Babett durch die Gasse am Bunker zu unserem Hotel in der Bahnhofstraße führte. Wie schon vor 50 Jahren roch es ziemlich heftig nach Urin und auf dem Boden lagen zerdepperte Schnapsflaschen. Babett schwieg höflich.
Ich hätte nie gedacht, dass ich mal in der Opladener Bahnhofstraße in einem Hotel schlafen würde. Irgendwie schräg. Das Hotel 16 erwies sich aber als angenehm und sei jedem Opladener, der mal gerne in der Bahnhofstraße schlafen möchte, wärmstens empfohlen.
Nur wenige Meter vom Hotel entfernt, wohnte früher Uli H., der mich nicht nur mit Zappa, sondern auch mit der Musik von Magma vertraut machte. Ich empfand das als interessante Fügung, da ein Magma-Konzert im Scala der Grund meines Besuches war.
Wir stellten die Taschen ab und gingen gleich zum Wurst-Maxe auf dem Marktplatz, wir waren schließlich in Opladen. Anschließend ging es zum Scala. Das Scala war früher Opladens größter Kinosaal. Der Saal wurde dann später, als das Kino schon längst pleite war, zu einem Musikclub umgebaut. Für einen vernachlässigten Stadtteil wie Opladen war das ein echter kultureller Segen. Bislang hatte ich dort George Duke, The Grandmothers, Focus und Helmut Hattler gesehen. Ein wirklich schöner Club, nicht zu groß, nicht zu klein, mit guter Akustik und Bar. In dem alten alten Kino saß ich früher sonntagnachmittags in kurzen Hosen und habe Tarzan-, Winnetou- und Godzillafilme gesehen.
Vor dem Scala stand bereits eine größere Gruppe älterer Herrschaften und wartete auf Einlass. Ich schaue mir das Publikum immer gerne etwas genauer an. Schon auf dem Hinweg hatten Babett und ich spekuliert, wer wohl von den Leuten, die wir in der Fußgangerzone sahen, auch zu Magma wollten. Es waren tatsächlich auch einige jüngere Menschen da. Und ich war nicht der Älteste. Also nicht wie rein ins Scala.
Kurz nach 19 Uhr betrat eine Vorgruppe die Bühne. Normalerweise kein Grund zur Freude. Aber die Band war wirklich gut. Leider ist mir den Name nicht bekannt. New Noises oder so ähnlich sagte später jemand auf der Bühne. Dann, nach einer kurzen Umbaupause und ein Kölsch später, betraten Magma die Bühne. Xylophon, Schlagzeug, Gitarre, Bass, Keyboard, Sänger und zwei Sängerinnen. Außer Christian und Stella Vander waren mir die übrigen Musiker von den alten Platten aus den 70igern nicht bekannt. Magma füllten die 90 Minuten ihres Konzertes mit drei Stücken. Ich kannte lediglich ihr Meisterwerk Mekanik Destruktiw Kommandöh. Es war wunderbar, dieses Stück live zu hören. Christian Vander saß völlig entrückt hinter seinem Schlagzeug und trommelte wie besessen. Ist nun auch schon 68 Jahre alt. Stella Vander ist wohl drei Jahre jünger, hat aber immer noch eine engelsgleiche Stimme. Obwohl die Musik eine Menge Spielraum für Improvisationen bietet, sind die Vokalparts exakt durchkomponiert. Neben den Drums ein echtes Highlight. Magma eben. Das erste Stück, auch gut 40 Minuten lang, war mir unbekannt. Eine musikalische und athletische Meisterleistung von Christian Vander, der in Turnhose und schwarzem Hemd hinter seiner Batterie saß. Nach 90 Minuten ging dann das Saallicht an, was soviel bedeutet wie: danke, ihr könnt jetzt gehen. Das Publikum ließ sich davon nicht beirren und rief und pfiff nach einer weiteren Zugabe. Leider ohne Erfolg. Monsieur Vander war wahrscheinlich einfach nur platt. Merci beaucoup für diese tolle Show.
Da ich nun erst recht nicht aus Opladen weg wollte, haben wir noch das Panciera besucht, ein italienisches Eiscafe. Neben dem Wurst-Maxe eine weitere gastronomische Institution in Opladen. Auch da hängen eine Menge Erinnerungen dran. Ich wurde nicht müde, Babett über meine und Opladens Geschichte zu informieren. Sie hat tapfer durchgehalten und sich nicht beklagt. Ich hoffe auch, dass ihr mehr als diese Pissgasse von meiner Heimatstadt in Erinnerung bleiben wird. Opladen ist vielleicht nicht schön, aber es ist meine Heimat. Das habe ich an diesem Wochenende erkannt.
Supi Ausflug. Danke, Babett.
To be continued .........
Wo wir dieses Jahr noch waren:
The Jayhawks, Berlin
The Who, Oberhausen
David Gilmour, Stuttgart
Steven Wilson, Bochum
Slipknot, Düsseldorf
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